Freitag, 20. April 2012
Kurzgeschichte: Belastungen
Belastung
Sie saß an ihrem Schultisch, die Klassenarbeit fertig vor sich liegend, einen Stift in der Hand, das leere Blatt Papier vor sich anstarrend. Sie wollte schreiben. Eine Geschichte, etwas erzählen. Das tat sie immer wenn sie mit ihren Arbeiten fertig war. Nur heute nicht. Heute hatte sie keine Ideen, keine Inspiration. Ihre Gedanken, ihre Kopf alles war gefüllt mit Fachwörtern, Zahlen, Formeln. Doch keine Idee. Nicht eine einzige. Zu voll war ihr Kopf mit all dem Wissen was sie sich über die Jahre hatte aneignen müssen. Sie wollte es abschütteln, ihre Gedanken, ihren Geist davon befreien. Doch gerade dieses Wissen ermöglichte es ihr ihre geliebten Texte zu schreiben. Eine auswegslose Situation – ein Teufelskreis. Und doch auf irgendeine verworrene, hinterhältige Art und Weise von Ironie durchzogen.
Ein Lächeln kräuselte sich über die rosigen Lippen. Diese Gedanken hatten sie auf eine Idee gebracht, hatten sie in gleißendes Licht der Inspiration geführt. Der Stift wurde auf das Papier gesetzt und begann sanfte Linien zu ziehen. Buchstaben. Worte. Gedanken.

Entstanden: 20.04.2012 nach einer Deutscharbeit :D

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Dienstag, 17. April 2012
Kurzgeschichte: Raven
Raven
Sie hatte sich immer dafür geschämt, dass jemand so wichtig für sie werden konnte, dass ihre gesamte Gefühlswelt von ihm abhing. Er war alles für sie. Ohne ihn - ihren geliebten, warmherzigen Menschen - war sie nichts.

Regen fiel zu Boden. Kam aus den grausten Wolken, absolvierte auf seinem Weg zur Erde einen ewig scheinenden Flug und zersprang schließlich auf eben dieser, wie eine Tasse die herunter fiel. Er wollte gehen. Wollte sie – ohne ihn nicht fähig zu existieren – einfach zurücklassen. Sein Kleidung war bereits vom kalten Wasser des Regens durchtränkt als er ihre Hand losließ und sich abwandte. Sollte es wirklich so enden? Wieso jetzt? Wieso heute? Verzweifelt streckte sie ihre Hand nach seinem Hemd aus, schrie innerlich seinen Namen, erreichte ihn jedoch nicht. Ein paar Schritte. Ihre Füße in eine kalte Pfütze getaucht. Tränen auf ihrem Gesicht, leise Worte sehnsüchtiger Liebe auf ihren Lippen. Er ging weiter. Ohne umzudrehen, ohne sie an letztes Mal anzusehen. Sie hielt inne. Vorbei. Aus und vorbei. Er würde gehen, egal was sie tat. Ihre Existenzgrundlage: weg. Heiße Tränen rannen über die vom Regen eisig kalten Wangen. Die Ampel schaltete auf grün – Schreie des Entsetzens drangen zu ihr durch. Sie wandte den Kopf, sah das Auto auf sich zu rasen – sah die panischen Augen des Fahrers.

Blut durchtränkte den weißen Stoff ihrer Bluse und tauchte ihn in ein herrlich leuchtendes Rot. Sie sah den Himmel: grau und dunkel. Regen auf ihrer Haut, Asphalt an ihrem Rücken. Die entsetzten Schreie wurden leiser, verstummten schließlich völlig. Die Zeit schien still zu stehen. Ein Rabe flog zu ihr herab, wandelte seine Gestalt, war nun ein Mensch. Schwarze Haare, schwarze Augen, schwarze Kleider. Ein starker Kontrast zum Rot das ihren Körper zierte. Sie sah ihn an. Sah das Grinsen auf seinem Gesicht, die kalte Gier in seinen Augen.
„Bist du ein Engel?“

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Dienstag, 10. April 2012
Kurzgeschichte: The Silence of a moment
Der Moment in dem sie erblickte wie die Sonne sich langsam im Meer ertrank war atemberaubend. Er strotze nur so vor Freiheit, Grenzenlosigkeit. Dennoch wusste sie, welch eine Vergänglichkeit ihn auszeichnete. Über ihrem Kopf hielt die Nacht Einzug und ließ sie für einen kurzen Moment die Augen schließen. Sowohl Gefühle als auch Gedanken überschwemmten sie, wie die Wellen des Meeres zu ihren Füßen. Ein Moment des Nachdenkens. Entspannen. Genießen. Dennoch war dieser eine Moment gleichzeitig so erfüllt von Leben, Ausdruck und Schönheit. Es war IHR Moment, weshalb sie noch nicht gehen würde. Sie würde die Einsamkeit noch länger genießen, die Schwerelosigkeit ihrer Seele festhalten. Das Salz in der Luft schmecken. Den Sand an ihren Füßen spüren. Sie beobachtete das Licht der Sonne wie es sich im Zusammenspiel von Tag und Nacht verhielt und wie diese Kompositionen das Wasser zum Glitzern brachte. Die Leichtigkeit dieses einen Momentes hatte sich zeitlos in ihr Herz gebrannt.


Wurde zu einem Bild geschrieben das ich leider nicht habe :(
Entstanden: März 2012

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Sonntag, 8. April 2012
Kurzgeschichte: Das 14.Opfer
Das 14. Opfer
Er liebte es sie so unter sich zu sehen. Wie sie sich hilflos wanden unter seinem festen Griff. Wie sie schrien, bissen, kratzten, sich wehrten bis zum letzten Atemzug.
Sie war sein 13. Opfer. Eine glückliche Zahl für ihn. Für eine Weile genoss er einfach nur ihre Schreie, lauschte ihnen wie sie immer schwacher und hilfloser wurden. Wie die Stimme allmählich verklang im gedämpften Licht des Kellerraums. Hier würde sie niemand hören. Niemand. Sie war ihm hilflos ausgeliefert und gerade das gab ihm diesen Kick den er so liebte.
Ihre Stimme erstarb gänzlich als das Messer das zweite Mal durch die zarte, blasse Haut ihres Brustkorbs glitt. Blut sammelte sich auf dem Bettlaken unter dem leblosen Körper, ließ dieses rot werden und tropfte schließlich von dessen Enden zu Boden. Seine Hände waren in tiefes Rot getränkt – im dämmrigen Licht des Zimmer schien es schwarz. Er spürte wie eine klamme Spur seine Wange hinunter lief, während er sich über das starre Gesicht der Frau unter ihm beugte. Blut tröpfelte von seinem Gesicht auf das ihre, sammelte sich dort kurze Zeit und lief anschließend geräuschlos ihre Wange hinunter bis es Eins mit dem inzwischen roten Bettlaken wurde. Alles war rot. Seine Haut, ihre Haut, sein Anzug, ihr Abendkleid, der Boden, das Bett, ja sogar die Wand an dem es stand. In seinen Augen spiegelte sein Wahnsinn wieder – der unbändige Drang zu töten.

Kalte Nachtluft umspielte Gesicht und Hände als er sich mit einer nebensächlichen Bewegung eine Zigarette ansteckte. Mit sicheren Schritten durchquerte er die Straßen der Großstadt bis er zur nächsten Diskothek kam und diese betrat. Das Blut das vor einigen Stunden noch seine Haut geziert hatte war verschwunden, ebenso war der beschmierte Anzug einem neuen, sauberen Exemplar gewichen. Einzig und allein der schwache Geruch nach Organen, Blut und Tod der sich mit betörendem Parfum vermischt hatte zeugte noch von seiner wahren Gestalt. Hier in dieser Diskothek, in dieser Nacht würde er sein 14. Opfer finden...

Frohe Ostern Vati <3
Entstanden: April 2012

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Kurzgeschichte: Zeitreisen
Zeitreisen

Der Geruch von frischem Kaffee erfüllte die Mittagshitze dieses strahlenden Sommertages. Sie saß auf einem der Gartenstühle, in ein bequemes Sitzkissen gekuschelt und nippte zufrieden an ihrer Tasse. Urlaub. Weit weg von zu Hause. Von dem viel zu großen Haus in dem sie wohnte, von nervigen Leuten und der Arbeit. Das alles war ganz weit weg. Zwar nur für eine Woche – aber was sollte das schon heißen? Eine Woche war besser als nichts. Und dringend benötigt. Eine Woche. Sieben von 365 Tagen an denen sie sich um nichts Gedanken machen musste. Noch ein Schluck Kaffee. Ein Stückchen Kuchen. Ein gutes Buch.
Eine sanfte Meeresbrise strich über ihre Haut und hinterließ einen salzigen Geschmack auf ihren Lippen während sie sich ganz von der Welt in ihrem Buch gefangen nehmen ließ. Sie reiste in der Zeit zurück – bis hin ins Mittelalter. Zurück in das Zeitalter großer Könige und schrecklicher Schlachten. In die Zeit von Ketzern und Rittern, dem Papst und der Kirche. Diese Zeitreisen ermöglichten es ihre aus der Gegenwart zu fliehen, der Realität zu entkommen. Sie umgab sich mit ihrer eigenen Welt. Einer Welt die es einst gegeben hatte – die jetzt aber nur noch in den Köpfen einiger Weniger existierte.
Über ihrem Kopf kreischten Möwen. Wellen brachen in einiger Entfernung auf den Sandbänken des Strandes. Die Sonne wurde allmählich vom Meer verschluckt und würde erst nach vielen Stunden wiederkehren. In der Ferne sah sie einige Spaziergänger mit ihren Hunden und Kindern. Vorsichtig streckte sie eine Hand zum Himmel hoch. Ihr Buch hatte sie schon längst beendet. Das Jetzt wurde plötzlich interessanter als zuvor und sie beschloss es den Silhouetten am Horizont gleich zu tun. Langsam erhob sie sich, streifte die ohnehin lästigen Sandalen ab und lief den Strand entlang. Sie spürte den Sand unter ihren Füßen und den Wind in ihren Haaren. Ob vor vielen hundert Jahren wohl jemand aus ihren Büchern an diesem Strand entlang gelaufen war?


Frohe Ostern Mutti <3
Entstanden: April 2012

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Freitag, 6. April 2012
Kurzgeschichte: Blicke
Entstanden: Februar 2012
Gehört alles mir! Mein Gedankengut!

Blicke

Er überquerte eine Straße, bog um eine Ecke. Lief der Innenstadt entgegen. Leute starrten ihn an. Drohende Blicke. Missbilligung. Ignoranz. Die Menschenmenge nahm zu. Eine homogene Masse. Eine graue Wand, er als einziger Farbklecks darauf. Noch ein Ecke. Noch eine Straße. Grelles Licht kam ihm entgegen, tauchte sein Antlitz in unnatürlich bunte Farben. Blicke saßen ihm im Genick. Inakzeptabel. Er lief weiter. Kühler Wind auf glühender Haut. Glanzlose Augen, ausgelaugte Gesichter. Graue Monotonie. Eintönig. Langweilig. Bedrohend. Bedrohend für ihn, bedrohend für jeden der anders war.

Er ignorierte seine Umwelt. Die Leute. Die Bedrohung. Solange sie nichts sagten war alles in Ordnung. Blicke waren nur leere Drohungen nicht mehr, nicht weniger. Noch gehörte er dazu. Noch war eine Koexistenz möglich. Anders aussehen war in Ordnung, anders sein nicht. Alles würde bleiben wie es war. Solange es niemand wusste. Ignoranz, aber keine Verbannung.
Er lief weiter. Immer weiter. Unaufhörlich. Unermüdlich. Sein Ziel stets vor Augen. Sein Inneres in seinem Verhalten widerspiegelnd. Rastlos. Scheinbar ziellos, dennoch entschlossen. Mehr Leute. Mehr Blicke. Taube Ohren. Blinde Augen. Zu blind um noch zu erkennen was wichtig ist. Weiter. Weiter. Durchhalten. Eine Person tauchte vor ihm auf. Ein weiterer Farbklecks auf der grauen Mauer. Noch jemand der „anders“ war. Jemand wie er. Begrüßende Worte. Unterstützung. Akzeptanz. Liebe. Geheimgehalten, aus Angst endgültig verstoßen zu werden. Aus Angst die Drohungen würden sich in Angriffe wandeln.

Der junge Mann vor ihm lächelte. Das tat er immer wenn sie sich draußen trafen. Außerhalb der schützenden Wände einer Wohnung. Sie beide waren stets darauf bedacht ihr wahres Gesicht zu verstecken, eine perfekte Maske zu schaffen. Eine Illusion zu erzeugen die jeden täuschte. Ihm wurde etwas in die Hand gedrückt. Ein Päckchen, ein Geschenk. Ein Jahr war es nun her. Ein Jahr war seit jenem ersten Kuss vergangen, dem noch viele gefolgt waren. Ein Jahr lang hatten sie alle getäuscht, hatten ein riesiges Schloss aus eisigen Lügen erschaffen. Hatten alle belogen. Etwa auch sich selbst? Zweifel. Angst. Dieser eine Gedanke, aus einer plötzlichen Idee entstanden, zwang ihn zum Handeln. Das Eis zerbrach. Das Schloss stürzte ein. Es schmolz in der Hitze eines Kusses. In Flammen purer Leidenschaft.
Sie standen da. Umgeben von trister Monotonie: Blasse Häuserfassaden, unangenehm grelles Neonlicht, ausgelaugte Gesichter. Nichts davon kümmerte sie. Nichts davon war noch von Bedeutung. Sie ließen voneinander ab, sahen sich an. Ein Moment völliger Perfektion. Alle hatten es gesehen. Alle wussten es. Drohende Blicke. Hass. Ekel. Ignoranz wandelte sich in ein Schwert größter Verachtung. Zwei Männer, ein Kuss. Mehr brauchte es nicht. Die Bedrohung wurde größer, es wurde zum Angriff angesetzt.

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